Positionspapier

für Europäische Überseegeschichte 19, 2019

Von der Überseegeschichte zur Globalgeschichte – eine Positionsbestimmung1

MARK HÄBERLEIN

Einleitung

Im letzten Band des Jahrbuchs für Europäische Überseegeschichte konstatierte Steffen Dörre: „Eine Begriffsgeschichte von ‚Übersee‘, die den Wandel dieses Konzepts und die mit ihm verbundene Transformation der Wissenstechniken im 19. und 20. Jahrhundert auf breiter Quellenbasis analysiert, steht bislang noch aus.“2 Als Beitrag zu einer solchen Begriffs- und Wissensgeschichte analysierte Dörre die Funktionen und den Bedeutungswandel des „Erkenntnisobjekts ‚Übersee‘“ in Kreisen der deutschen Außenwirtschaft in der Zeit der frühen Bundesrepublik.3 Er zeigte, dass sich deutsche Kaufleute und Unternehmer bereits Ende der 1940er Jahre wieder für ‚überseeische Märkte‘ zu interessieren begannen, diese aber als besonders riskant ansahen. Daher waren die betreffenden Außenwirtschaftskreise sehr an der Gewinnung von Informationen über außereuropäische Weltregionen interessiert. Sowohl die Vorstellungen von ‚Übersee‘ als auch die Praktiken der Wissensproduktion knüpften an Traditionen des Kaiserreichs und der Weimarer Republik an. Im Zuge dessen „hatten Vorstellungen von der unterschiedlichen Eignung von Religionen, Rassen und Ethnien für die moderne Industriegesellschaft zunächst weiter Bestand.“4 Sowohl die Unternehmer als auch die sie beratenden Wissenschaftler gingen dem-nach von einem Kulturverständnis aus, in dem „Kulturen aufgrund der ihnen zugeschriebenen naturräumlichen, klimatheoretischen und ethnischen – damals hieß es meist noch ‚rassischen‘ – Gegebenheiten als im Grunde unveränderlich gedacht“ wurden.5

Seit den 1950er Jahren setzte sich dann zunehmend ein Entwicklungsdiskurs durch: Man wollte außereuropäische Kulturen nicht nur verstehen, sondern „die ‚einheimische Mentalität‘ […] aktiv hin zu einer Leistungsorientierung verändern.“6 In dem Maße, in dem dabei die sozioökonomischen, kulturellen und politischen Unterschiede zwischen einzelnen Ländern und Weltregionen ins Bewusstsein rückten, verlor indessen der Begriff ‚Übersee‘ an Relevanz. Er mutierte Dörre zufolge „zu einer Reminiszenz an vergangene Zeiten ohne großes Erkenntnis-potential und ohne die Kraft, praxisrelevante Ordnungs- und Entscheidungskategorien zur Verfügung zu stellen.“7 Für die deutsche Außenwirtschaft spielte er dementsprechend seit den 1970er Jahren kaum noch eine Rolle. Auch „in der Wissenschaftssprache wird er nur noch selten verwendet.“8 

Wenn aber der Begriff ‚Übersee‘ in der Alltags- wie in der Wissenschaftssprache seine Relevanz weitgehend verloren hat – was bedeutet das für den Terminus ‚Überseegeschichte‘? Zahlreiche Gespräche mit Fachkolleginnen und -kollegen sowie insbesondere die beiden Nachwuchstagungen, welche die „Gesellschaft für Überseegeschichte“ (GÜSG) im August 2016 und im März 2019 in der Frankenakademie in Schloss Schney durchführte,9 haben gezeigt, dass viele jüngere Forscherinnen und Forscher, die sich mit außereuropäischen Weltregionen und globalen Vernetzungen beschäftigen, den Begriff als antiquiert, überholt und nicht mehr zeitgemäß empfinden. Der Vorstand der Gesellschaft unterbreitete daher nach intensiver Diskussion der Mitgliederversammlung auf seiner Hamburger Jahrestagung im Juni 2019 den Antrag, den Gesellschaftsnamen um die Bezeichnung ‚Globalgeschichte‘ zu erweitern. Dieser Vorschlag stieß im unmittelbaren Vorfeld und während der Tagung selbst auf heftigen Widerstand einiger zumeist älterer Mitglieder der Gesellschaft. Die Kritiker – darunter immerhin vier ehemalige Vorsitzende der GÜSG – machten einerseits rechtliche Vorbehalte geltend, sie erhoben andererseits aber auch inhaltliche Einwände gegen den aus ihrer Sicht wenig zukunftsfähigen ‚Modebegriff‘ Globalgeschichte.

Von der rechtlichen Seite soll hier nicht die Rede sein, da hierzu das Vereinsrecht klare Vorgaben macht.10 Vielmehr soll es um die inhaltliche Seite gehen, wobei der folgende Beitrag (1) die Relevanz der Begriffe ‚Überseegeschichte‘ und ‚Globalgeschichte‘ im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs diskutiert; (2) die Institutionalisierung der Globalgeschichte im deutschsprachigen Raum nachzeichnet; (3) auf problematische Erbschaften der ‚Überseegeschichte‘ in Deutschland hin-weist; (4) einen vergleichenden Blick auf parallele Entwicklungen im englischen und französischen Sprachraum wirft; (5) einige Missverständnisse im Hinblick auf den Begriff ‚Globalgeschichte‘ auszuräumen versucht; sowie (6) konzeptionelle Unterschiede zwischen ‚Überseegeschichte‘ und ‚Globalgeschichte‘ exemplarisch erörtert. Die Ausführungen münden (7) in eine Positionsbestimmung. 

1. Zur Irrelevanz und Relevanz wissenschaftlicher Konzepte

Überprüft man mittels deutscher und internationaler Bibliothekskataloge die Verwendungshäufigkeit des Begriffs ‚Überseegeschichte‘ im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs, stellt man rasch fest, dass er in Publikationen, die nach dem Jahr 2000 erschienen sind, jenseits des Jahrbuchs für Europäische Überseegeschichte, des von Hermann J. Hiery herausgegebenen Lexikons zur Überseegeschichte und der Schriftenreihe Beiträge zur Europäischen Überseegeschichte (BEÜ) praktisch nicht mehr vorkommt. Die BEÜ sind als Publikationsforum für Arbeiten zu kolonialgeschichtlichen und außereuropäischen The-men zwar gut eingeführt, doch nur eine der in den letzten zwanzig Jahren dort erschienenen Studien – die bereits angesprochene Dissertation von Steffen Dörre11 – setzt sich tatsächlich mit dem Begriff ‚Übersee‘ auseinander.

Der letzte Sammelband, der ‚Überseegeschichte‘ prominent im Titel führt, liegt mittlerweile zwanzig Jahre zurück. Er wurde als „Festschrift anläßlich der Gründung der Forschungsstiftung für vergleichende europäische Überseegeschichte 1999 in Bamberg“ publiziert und versammelt unter den Kapitelüberschriften „Überseegeschichte und Globalisierungsdebatte“, „Wissen und Imagination – europäische Erkenntnishorizonte“, „Wirtschaftliche Vernetzungen“ sowie „Gegenüber: Reflexe der europäischen Expansion“ gut zwanzig Beiträge namhafter Fachvertreter/innen. Explizit mit dem Konzept einer ‚Überseegeschichte‘ setzen sich die beiden Aufsätze des ersten Kapitels auseinander. Thomas Beck beschreibt mit rhetorischer Verve, vor welche Herausforderungen der Globalisierungsprozess die europäische Geschichtsschreibung stelle. Die Frage, was ‚Überseegeschichte‘ eigentlich ist, be-antwortet er indessen relativ simpel. Erstens: Zentrales Ergebnis des Globalisierungsprozesses sei die kommunikative Vernetzung der Welt. Zweitens: Diese Vernetzung habe mit der europäischen maritimen Ex-pansion im 15. und 16. Jahrhundert begonnen. Drittens: Die Entwicklung hochseetauglicher Schiffe und entsprechender Navigationstechniken bildete die Grundlage dauerhafter globaler Vernetzung. Europäische Expansion, maritime Aktivitäten und die daraus resultierenden interkontinentalen Verflechtungen bilden demnach den Gegenstand der ‚Überseegeschichte‘.12

Der Titel des anschließenden Aufsatzes von Horst Pietschmann „Geschichte der europäischen Expansion – Geschichte des atlantischen Raumes – Globalgeschichte“ ist insofern bemerkenswert, als letzterer Terminus damals noch jung und wenig etabliert war. Primär geht es Pietschmann hier allerdings um die Geschichte der atlantischen Welt – ein Forschungsfeld, das sich damals in einer Aufschwungsphase befand, die bis heute anhält.13 Pietschmann charakterisiert diese atlantische Welt als Raum intensiver Transfer- und Austauschprozesse zwischen Europa, Afrika und dem amerikanischen Doppelkontinent, aber auch als Region, die historischen Akteuren neue Partizipationschancen und Freiräume eröffnet habe.14 Darüber hinaus kann man Pietschmanns Beitrag durchaus als Plädoyer dafür lesen, atlantische Geschichte als Baustein zu einer modernen Welt- bzw. Globalgeschichte zu betrachten,15 doch hat sich der Autor in jüngster Zeit davon distanziert.16 Wie dem auch sei: Der Begriff ‚Überseegeschichte‘ kommt bei Pietschmann nur an einer einzigen Stelle explizit vor. Dort heißt es, dass in aktuellen Beiträgen „die nunmehr ‚außereuropäische Geschichte‘ statt wie früher die ‚Überseegeschichte‘ nicht mehr […] tendenziell mit der Geschichte der ‚Dritten Welt‘ begründet, sondern aus den Globalisierungstendenzen unserer Zeit gerechtfertigt“ werde.17‚ Überseegeschichte‘ bewertete Pietschmann also bereits im Jahre 1999 als Konzept der Vergangenheit!

Hinsichtlich des Begriffs ‚Globalgeschichte‘ liefern die Bibliothekskataloge einen diametral entgegengesetzten Befund: Die Zahl einschlägiger Veröffentlichungen ist seit der Jahrtausendwende regelrecht explodiert. Der von einzelnen GÜSG-Mitgliedern auf der Hamburger Mitgliederversammlung erhobene Einwand, dass es sich dabei um einen ‚Modebegriff‘ handele, der in einigen Jahren wieder passé sein werde, geht aus zwei Gründen an den wissenschaftlichen Tatsachen vorbei.

Zum einen erwies sich die Globalgeschichte von Anfang an als ausgesprochen theorie- und diskussionsfreudig. Wissenschaftliche Debatten um die Berechtigung bzw. die Notwendigkeit zur Überwindung nationaler, universalistischer und eurozentrischer Sichtweisen, um transnationale, postkoloniale und subalterne Ansätze, um Raumkonzepte, Periodisierungen, akteurszentrierte und strukturgeschichtliche Konzepte werden in den letzten beiden Jahrzehnten ganz überwiegend unter dem Signum ‚Globalgeschichte‘ geführt. Dementsprechend führt eine Reihe einschlägiger Publikationen Begriffe wie „Theorien“, „Ansätze“, „Methoden“ oder „Chancen und Grenzen“ prominent im Titel bzw. im Untertitel.18 Dabei sind globalgeschichtliche Ansätze auch aus verschiedenen Blickwinkeln kritisiert und ihre Grenzen betont worden.19

Entscheidend ist jedoch, dass Konzepte nur dann im wissenschaftlichen Diskurs lebendig bleiben, wenn sie Gegenstand von Diskussionen, Debatten und Kontroversen sind. Ist das – wie im Fall der ‚Überseegeschichte‘ – nicht (mehr) der Fall, erstarren sie zu reinen Traditionsbegriffen, die aus Pietät oder Gewohnheit weitergeführt werden, ohne dass sich noch jemand ernsthaft mit ihnen auseinandersetzt. Zum anderen hat die Globalgeschichte in den letzten Jahren inter-national, aber auch im deutschsprachigen Raum einen starken Institutionalisierungsschub erfahren. Dieser dürfte sicherstellen, dass sie auf lange Zeit den Fachdiskurs maßgeblich prägen wird. Dazu im nächsten Abschnitt einige Fakten.

2. Zur Institutionalisierung der Globalgeschichte

Während ‚Überseegeschichte‘ außerhalb der GÜSG und des Jahrbuchs für Europäische Überseegeschichte so gut wie keine Resonanz mehr findet, lässt sich der Siegeszug der Globalgeschichte auch auf institutioneller Ebene beobachten. In den letzten Jahren ist eine Reihe von (Junior-)Professuren, Studiengängen, Forschungszentren und Arbeitsbereichen im deutschsprachigen Raum neu eingerichtet bzw. unter die-sem Label neu ausgerichtet worden. An der Universität Hamburg beispielsweise, einem der traditionsreichsten deutschen Standorte für die Beschäftigung mit Kolonial- und außereuropäischer Geschichte,20 bilden aktuell vier Professuren den „Arbeitsbereich Globalgeschichte“.21 An der LMU wurde das „Münchner Zentrum für Globalgeschichte / Munich Centre for Global History“ ins Leben gerufen, das einschlägige Forschungsaktivitäten koordiniert, Stipendien vergibt und einen Forschungspreis ausschreibt.22 An der Universität Salzburg wurden eine Professur sowie ein Studiengang für „Außereuropäische Geschichte und Globalgeschichte“ eingerichtet.23 Entsprechende Forschungs- und Lehrschwerpunkte gibt es zudem in Erfurt24, Kassel25, Köln26, Luzern27, Potsdam28, Tübingen29 und Wien30. Sebastian Conrad stellte bereits vor einigen Jahren fest, dass deutsche – und dies gilt gleicher-maßen für österreichische und schweizerische – Universitäten „gerade-zu zu einem Vorreiter der Globalgeschichte in Kontinentaleuropa geworden“ seien.31

Nun könnte man einwenden, dass eine wissenschaftliche Gesellschaft nicht auf jeden fahrenden Zug aufspringen muss und unbeeindruckt von den landauf, landab erfolgenden Neu- und Umbenennungen von Professuren, Fachbereichen, Zentren und Arbeitskreisen ihren tradierten Namen weiter pflegen könne. Dem stehen allerdings zwei Erwägungen entgegen. Zum einen sind mit all diesen Aktivitäten und Initiativen fachliche Expertisen und Ressourcen verbunden, welche maßgeblich dazu beitragen, die Globalgeschichte zu einem ausgesprochen lebendigen und dynamischen Feld zu machen.35 Seit den 1990er Jahren wurde zwar wiederholt gefordert, mehr Stellen für die außereuropäische Geschichte zu schaffen – an besonders prominenter Stelle vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog auf dem Münchner Historikertag 1996.36 Doch erst unter dem Signum der Globalgeschichte ist ein institutioneller Ausbau tatsächlich gelungen! Zum anderen ist es an der Zeit – ja es ist sogar überfällig –, dass sich die ‚Überseegeschichte‘ ihren problematischen Traditionen und der damit einhergehenden historischen Belastung des Begriffs stellt.

Der „Arbeitskreis Außereuropäische Geschichte“ im Verband der Historikerinnen und Historiker Deutschlands (VHD) hat nach längerer Diskussion32 2018 ebenfalls einen Namenswechsel vollzogen und nennt sich nunmehr „Arbeitskreis für Weltregionale und Globale Ge-schichte“. Der ursprüngliche, in bewusster Abgrenzung gegenüber Europa formulierte Name, schreibt das Leitungsteam des Arbeitskreises in einem Online-Beitrag, stelle zwar durchaus eine „Erfolgsgeschichte“ dar.33 Gleichwohl biete die Aufnahme globalgeschichtlicher Perspektiven in das Arbeitsprogramm neue Chancen.34

3. Das problematische Erbe der ‚Überseegeschichte‘

Bereits 2005 artikulierte Andreas Eckert in einer Sammelbesprechung der ersten vier Bände des Jahrbuchs für Europäische Überseegeschichte ein gewisses Unbehagen. Bei der Lektüre des Vorworts von Eberhard Schmitt zum ersten Jahrgang, so Eckert, „überrascht es ein wenig, dass die Geschichte des Begriffs ‚Überseegeschichte‘ nicht weiter reflektiert wird, zumal dieser Begriff in einer Tradition steht, die mehr als dubios ist. Verwiesen sei auf den von Schmitt an einer Stelle kommentarlos zitierten Gustav Adolf Rein, der während der Zeit des Nationalsozialismus einige Jahre Rektor der Universität Hamburg war und 1933 aus der ‚Hinterlassenschaft‘ vertriebener jüdischer Wissenschaftler ein Ordinariat für ‚Überseegeschichte‘ etablierte und zuvor schon eine Schriftenreihe zur ‚Übersee-Geschichte‘ eingerichtet hatte. Dieser Hinweis soll selbstverständlich nicht das Konzept des Jahrbuchs grundsätzlich in Frage stellen oder gar in einer bestimmten Ecke verorten, sondern lediglich eine begriffsgeschichtliche Problematisierung anmahnen.“37 Noch deutlicher wurde Eckert einige Jahre später in einem Sammelband zur Geschichte der Geschichtswissenschaft in Hamburg unter dem Titel „Von der Kolonial- und Überseegeschichte zur modernen außereuropäischen Geschichte“. Hier spricht er von der „intellektuell […] belanglosen […] Überseegeschichte mit völkisch-deutscher Couleur“, die Gustav Adolf Rein (1885–1979) seit 1927 als außerordentlicher Professur für Kolonial- und Überseegeschichte in Hamburg vertreten habe, und weist auf den maßgeblichen Anteil hin, den er als Regierungsdirektor der Hochschulbehörde (1933/34) sowie als Rektor (1934–1938) an der Gleichschaltung der Universität Hamburg hatte:

„Rein spielte bei der Vertreibung herausragender Gelehrter aus der Hamburger Universität nach der nationalsozialistischen ‚Machtergreifung‘ eine unrühmliche Rolle und profitierte sogar unmittelbar von diesem Exodus. Denn ausgerechnet je-ner Lehrstuhl für Kunstgeschichte, den der ins Exil vertriebene Erwin Panofsky innegehabt hatte, fand für die Schaffung einer ‚Professur für Übersee- und Kolonialgeschichte und Geschichte des Deutschtums im Ausland‘ Verwendung. Und zu des-sen Inhaber wurde am 1. Oktober 1933 – honni soit qui mal y pense – niemand anderer als [Gustav] Adolf Rein ernannt.“38

Näheres zu Reins Rolle als Wegbereiter und Akteur nationalsozialistischer Hochschulpolitik ist einem Beitrag von Arnt Goede im selben Band zu entnehmen. Demnach war Reins Verständnis von Politik „über seinen Kulturbegriff völkisch und über den deutsch-nationalistischen

Geltungsdrang imperialistisch geprägt.39 Sein Einfluss beruhte maßgeblich auf seiner 1932 verfassten Schrift Die Idee der politischen Universität, in der er das Modell der humanistischen Universität sowie die Gedanken der universitären Autonomie und Wissenschaftsfreiheit für überholt erklärte. Stattdessen forderte Rein die Schaffung einer „politischen Universität“, die der „‚Mobilmachung des Geistes‘ im Rahmen eines neuen Gemeinschaftswillens“ dienen sollte.40 Als Regierungsdirektor sowie als Universitätsrektor trieb er diese „Umstellung der Universität nach politischen Gesichtspunkten“ gezielt voran, wobei er nicht nur Erwin Panofskys Lehrstuhl für Kunstgeschichte in ein Ordinariat für Überseegeschichte (für sich selbst) umwidmete, sondern auch Ernst Cassirers Ordinariat für Philosophie in einen Lehrstuhl für Rassenbiologie.41 Zur weiteren Karriere Reins hält Goede fest:

„Als sich abzeichnete, dass er seine ehrgeizigen Ziele auf dem eingeschlagenen Weg als Rektor nicht mehr erreichen konnte, legte er 1938 sein Amt nieder und fand über das Kolonial-Institut und die Forschungsstelle für das Überseedeutschtum – beides Einrichtungen, die er gegründet hatte – neuerliche Einflussmöglichkeiten. Die Forschungsstelle für Überseedeutschtum […] war Teil der Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften, die Michael Fahlbusch als ‚brain trust‘ der SS bezeichnet hat.“42

Die 1927 von ihm begründete Schriftenreihe Übersee-Geschichte führte Rein bis 1942 weiter. Die nach 1933 erschienenen Bände befassten sich vor allem mit der Geschichte des ‚Auslandsdeutschtums‘ auf dem amerikanischen Doppelkontinent. Nach 1945 zeigte Rein „keinerlei Unrechtsbewusstsein für sein Handeln im ‚Dritten Reich‘.“43 Vielmehr bemühte er sich intensiv um seine Rehabilitierung und seine Wiedereinsetzung als Lehrstuhlinhaber. Letztere gelang ihm zwar nicht, doch fand er über die von ihm 1950 mitgegründete „Ranke-Gesellschaft“ ein neues Tätigkeitsfeld und „wurde über die neu entstandenen Netzwerke eine Autorität in der bundesrepublikanischen Historikerzunft der 1950er Jahre, wenn auch mehr als graue Eminenz denn als wissenschaftliche Größe.“44 1960 erschien eine Sammlung seiner Aufsätze zur ‚Überseegeschichte‘, die Texte aus der Weimarer Republik, der NS-Zeit und der Nachkriegszeit nahtlos vereint.45 Reins Hamburger Lehrstuhl übernahm 1948 Egmont Zechlin (1896–1992), der bereits 1940 eine Professur für ‚Überseegeschichte und Kolonialpolitik‘ an der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Universität Berlin erhalten hatte. Obwohl seit 1933 Mitglied der NSDAP und der SA, war es Zechlin gelungen, nach 1945 als „unbelastet“ eingestuft zu werden, weil er Kontakte zur Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ nachweisen konnte und ihm zahlreiche Personen „Persilscheine“ ausgestellt hatten.46 1944 hatte Egmunt Zechlin in seiner Funktion als Direktor des „Reichsinstituts für Seegeltungsforschung“ einen Sammelband mit dem Titel Völker und Meere herausgegeben, den er mit einem Beitrag über „Gegenwartsprobleme der Universalgeschichte“ eröffnete. Dieser Text – der noch 1986 (!) in einer Sammlung von Zechlins Aufsätzen der Jahre 1935 bis 1964 unter dem Titel Überseegeschichte unverändert nachgedruckt wurde47 – vertritt durchaus Positionen, die auch heutige Globalhistoriker(innen) teilen.48 Dies gilt etwa für seine Forderung, eurozentrische Sichtweisen zu überwinden und die Interdependenzen zwischen Staaten, Räumen und Kulturen genauer in den Blick zu nehmen. Doch Zechlin stellte dieses Postulat einer globalen Verflechtungsgeschichte – wie man sie heute nennen würde – inmitten des vom nationalsozialistischen Regime entfesselten Eroberungs- und Vernichtungskrieges unverkennbar in den Dienst der NS-Ideologie.49 Deutschland, so der Autor, müsse sich „zwischen der Scylla der kapitalistischen Expansion von USAmerika und der Charybdis der proletarischen Bewegung der Sowjetunion“ behaupten. Angesichts der Verflochtenheit der Welt gehe es darum, „Völker anderer Kontinente in ihrer völkisch-kulturellen Eigenart und ihren überseeischen Lebensbedingungen zu verstehen und in das Gesamtbild einzuordnen, ob sie nun europäischen Kolonisten, einer Mischung von Europäern und Eingeborenen oder ei-ner rassisch und kulturell anderen Gruppe der Menschheit entstammen.“50 Hinsichtlich der „leitenden Ideen“ einer solchen Universalgeschichte hielt Zechlin fest:

„[D]a wir nun einmal von unserem heutigen Standpunkt aus das staatliche, völkische und in weiterem Sinne soziale Geschehen als das Schicksal des Menschengeschlechtes zu erkennen meinen, ist die Geschichte der menschlichen Gemeinschafts- und Ordnungsformen und der sie führenden Persönlichkeiten, sind die sich in einem Lebensraum entfaltenden und dort gestaltenden Kräfte Gegenstand der Historie – selbstverständlich aufs engste verflochten mit dem geistig-kulturellen und wirtschaftlichen Geschehen und auch bedingt durch rassische und biologische Faktoren.“51

Im weiteren Verlauf dieses Textes führte Zechlin den Begriff „Seegeltung“52 als angeblich defensiven Gegenentwurf zum aggressiv-expansionistischen angloamerikanischen Konzept der „Seeherrschaft“ ein, der Deutschlands Anspruch auf ‚gerechte Teilhabe‘ an der globalen Seeschifffahrt untermauern sollte. Abschließend zog er eine Parallele zwischen dem Berufsethos der preußischen Offiziere und Beamten des 19. Jahrhunderts und den Aufgaben des Historikers:

„Wie damals Pflichtbewußtsein und Verantwortungsgefühl, Ehre, Treue und Arbeit um der Sache willen als entscheidende Werte der Berufsethik dem preußischen Volk vermittelt wurden, so hilft der durch solche Weltkenntnis geöffnete Blick für die Weite, die universale Schau der Wissenschaft ergänzend, die nationalen Aufgaben unserer Generation zu erfüllen.“53

Es mag durchaus Argumente dafür geben, einen Terminus weiterzuverwenden, der in der Vergangenheit politisch instrumentalisiert und missbraucht wurde. Dies setzt allerdings eine kritische Auseinandersetzung mit der Begriffsgeschichte voraus, die im Falle der ‚Überseegeschichte‘ bislang nicht geleistet wurde. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob es für dessen Rehabilitierung angesichts des Siegeszuges der Globalgeschichte nicht schon zu spät ist – und was damit im Zweifelsfall gewonnen wäre.

4. ‚Überseegeschichte‘ – ‚Overseas History‘ – ‚Histoire d’outre-mer‘: Der internationale Kontext

Aber handelt es sich bei ‚Überseegeschichte‘ nicht um einen international eingeführten Begriff, der traditionsreiche Pendants in anderen europäischen Sprachen hat? Auch hier ist der Befund zumindest ambivalent, wobei sich die folgenden Ausführungen auf die englisch- und französischsprachige Historiographie beschränken.

1978 begründete das international hoch angesehene Leiden Centre for the History of European Expansion die Schriftenreihe Comparati-ve Studies in Overseas History. Im zweiten Band der Reihe mit dem Titel Reappraisals in Overseas History versuchten sich die Herausgeber Pieter C. Emmer und Henk Wesseling an einer Begriffsdefinition. „Overseas history“, heißt es dort, „deals not only with the encounters between Europeans and non-Europeans, but also with the economic, social, political and cultural systems of the Non-Europeans themselves.“ Die beiden niederländischen Historiker verstehen ‚Overseas History‘ als einen Oberbegriff für die Geschichte der europäischen Expansion einerseits, die außereuropäische Geschichte andererseits. Gleich im Anschluss formulieren sie allerdings eine Einschränkung:

„In many respects the phrase overseas history is an unfortunate one. It represents a somewhat clumsy attempt to replace the term ‘colonial history,’ which has unpleasant political connotations, by another, more neutral term. While this change of names may eliminate the feeling that the non-European past is to be regarded from the comfort of the colonial hammock – in reality overseas history continues of course to be a Western concept. Indeed just the use of the word ‘overseas’ implies that the histories of Asia, Africa and America are to be tossed into one heap, where-as in fact the only characteristic they have in common is that they are not European history.“54

Es ist bemerkenswert, dass zwei Autoren den Begriff, mit dem sie selbst arbeiten, als „unglücklich” und „unbeholfen” bezeichnen. Gleichwohl glaubten Emmer und Wesseling seinerzeit, dass es aus zwei Gründen sinnvoll sei, den Begriff vorläufig (“for the time being“) beizubehalten: die Tatsache, dass die Quellen, mit denen Überseehistoriker arbeiteten, sowohl in Europa als auch auf anderen Kontinenten entstanden seien, sowie die Relevanz der ‚Dritten Welt‘ für die Politik- und Sozialwissenschaften:

„[T]he concepts ‘history of the Third World’ and ‘overseas history’ overlap to a large extent. Thus it appears that the term ‘overseas history’ is not only a functional concept for the practice of history but it [is] also a useful tool for investigating the social background of the problems of the ‘Third World’. As a result the term ‘overseas history’ will remain in use for some time, through lack of a better alternative.“55

Auch hier fällt die Skepsis der Autoren auf: Überseegeschichte erschien ihnen lediglich vorübergehend als nützlicher Terminus, um die historischen Wurzeln aktueller Probleme der ‚Dritten Welt‘ zu verstehen, bis sich ein besserer Begriff finde.

In den 1980er Jahren erschienen in den Comparative Studies in Overseas History Publikationen zu grundlegenden Themen wie den europäischen Überseehandelskompanien56, zu Kolonialstädten57, unfreier Arbeit58 oder Kolonialkriegen59. 1991 hatte Henk Wesseling dann Gelegenheit, das Konzept der ‚Overseas History‘ in einem von Peter Burke herausgegebenen Sammelband zu aktuellen Perspektiven der Geschichtsschreibung vorzustellen. Dass seine Ausführungen in einer Reihe mit Beiträgen zur Frauen-, Mikro- oder Körpergeschichte stehen, zeigt, dass das Themenfeld vom Herausgeber seinerzeit als innovativ angesehen wurde. Wie in seinem früheren, gemeinsam mit P.C. Emmer verfassten Beitrag betrachtet Wesseling ‚Overseas History‘ hier als Summe der Geschichte europäisch-außereuropäischer Beziehungen einerseits, der Geschichte außereuropäischer Weltregionen andererseits. Aber gegenüber dem Aufsatz von 1979 ist das Unbehagen des nieder-ländischen Historikers mit dem Begriff nun deutlich gewachsen: „[N]ot only theoretically but also in actual practice overseas history has developed into such a vast subject as to become unidentifiable.“ Insbesondere die Gleichsetzung des Begriffs mit der Geschichte der ‚Dritten Welt‘ erschien Wesseling inzwischen überholt.60

In seinem Rückblick auf die Entwicklung des Forschungsfeldes zeigt Wesseling, dass ‚Overseas History‘ lange primär von europäischen His-torikern betrieben wurde, die aus eurozentrischer Perspektive arbeiteten; dieser Eurozentrismus werde aber zunehmend in Frage gestellt, und außereuropäische Historiker hätten längst begonnen, sich mit der Geschichte ihrer eigenen Länder und Weltregionen zu befassen. Nunmehr gelte es, diese Geschichten unter übergreifenden Perspektiven zu integrieren: „The real challenge of overseas history is to offer a modern form of world history.“61 Als zentraler historischer Prozess erscheint Wesseling die zunehmende Verflechtung verschiedener Weltregionen.62 Indem sie diese Prozesse erforsche, sei ‚Overseas History‘ letztlich eine spezifische Form von Weltgeschichtsschreibung – „a particular form of world history“.63

Inzwischen arbeitet auch das Historische Institut der Universität Leiden längst mit dem Begriff Globalgeschichte.64 In Überblickswerken über Themen, Konzepte und Theorien der modernen Geschichtsschreibung taucht der Terminus ‚Overseas History‘ nach der Jahrtausend-wende nicht mehr auf. Der 2011 bei Oxford University Press erschienene Concise Companion to History beispielsweise enthält ein Kapitel über „History and World History“. Verfasst hat es Christopher Bayly, der in den 1980er Jahren eng mit den Leidener ‚Überseehistorikern‘ zusammenarbeitete, heute aber vor allem als Pionier der Globalgeschichte bekannt ist.65

In Frankreich verfügt die ‚Überseegeschichte‘ zwar über eine lange Tradition, doch bildete sich diese unter ganz spezifischen nationalen und imperialen Rahmenbedingungen heraus. Seit 1912 besteht die „Société française d’histoire des outremers“ (SFHOM), die sich ursprünglich „Société d’histoire des colonies françaises“ nannte und ihren Schwerpunkt bis heute in der französischen Kolonialgeschichte sowie in der Geschichte frankophoner außereuropäischer Länder und Regionen hat. Ein in den 1990er Jahren erschienenes Referenzwerk zur französischen Geschichtswissenschaft weist darauf hin, dass die Fachgesellschaft und ihre Zeitschrift, die Revue française d’histoire d’outremer, lange von Diplomaten und pensionierten Kolonialbeamten geprägt gewesen seien. Zwischen Kolonialgeschichtsschreibung und Kolonialverwaltung bestanden demnach bis ins späte 20. Jahrhundert starke personelle und programmatische Überschneidungen.66 Seit der Jahrtausendwende hat sich auch in Frankreich das Konzept einer histoire globale – als Pendant zur angloamerikanischen global history oder zur deutschen ‚Globalgeschichte‘ – rasch etabliert.67 Überhaupt gehört es zu den großen Stärken dieses Konzepts, dass Historikerinnen und Historiker weltweit mit ihm arbeiten, Globalgeschichte also – wie ein von Sven Beckert und Dominic Sachsenmaier herausgegebener Sammelband eindrucksvoll zeigt – tatsächlich global praktiziert wird.68

5. Zum Begriff ‚Globalgeschichte‘

Gegen die ‚Globalgeschichte‘ wird bisweilen immer noch eingewandt, dass sie lediglich ein neues Label für die alte ‚Weltgeschichte‘ sei und deren vermessenen Anspruch übernommen habe, vergangenes Geschehen auf dem gesamten Erdball darstellen zu wollen, was die sprachlichen und intellektuellen Kapazitäten einzelner Historiker/innen unweigerlich übersteige. Hierbei handelt es sich freilich um ein Missverständnis, an dem die Globalhistoriker/innen zwar nicht unschuldig sind, weil sie die Begriffe ‚Weltgeschichte‘ (world history) und ‚Globalgeschichte‘ (global history) insbesondere in der Entstehungszeit des Konzepts mitunter synonym gebraucht und miteinander vermischt haben.69 In aktuellen Einführungen wird allerdings in der Regel sorgfältig unterschieden zwischen

  1. der älteren Welt- bzw. Universalgeschichte, die ihre Blütezeit im 18. und 19. Jahrhundert erlebte und tatsächlich den Anspruch erhob, die Geschichte des ganzen Globus zu erzählen. Sie tat dies in der Regel aber aus einer europäischen Perspektive und wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts weitgehend von der Geschichte der Nationalstaaten verdrängt, ehe sie im 20. Jahrhundert als Geschichte des Aufstiegs und Falls großer Reiche und ‚Zivilisationen‘, etwa bei Arnold H. Toynbee, oder als globale Seuchen-, Umwelt- und Machtgeschichte, etwa bei William H. Mc Neill, eine neue Konjunktur er-lebte. Ältere Formen von Weltgeschichtsschreibung betrachten heutige Globalhistoriker/innen zwar durchaus als Vorläufer,70 grenzen sich aber zumeist von deren universalistischem Geltungsanspruch sowie von teleologischen Annahmen bezüglich des ‚Gangs der Weltgeschichte‘ ab.71
    Davon zu differenzieren ist
  2. die maßgeblich von Immanuel Wallerstein geprägte Geschichte des Weltsystems, die den Systemcharakter der europäischen Staatenordnung sowie der kapitalistischen Wirtschaftsform betont und deren globale Ausbreitung zu erklären versucht. Wallersteins Weltsystem-Modell stellte Sebastian Conrad zufolge „ein neues Paradigma der weltgeschichtlichen Analyse dar, das zwar in mancher Hinsicht an die zentrifugale Logik der europäischen Expansionsgeschichte anschloss, sie aber zugleich durch die Betonung systemischer Zusammenhänge zu überwinden suchte.“72 Dieses Modell wurde seither von verschiedenen Forscherinnen und Forschern modifiziert und wird nach wie vor diskutiert. Es wird von den meisten heutigen Globalhistoriker/innen jedoch ebenfalls eher der ‚Vorgeschichte‘ ihres eigenen Arbeitsfeldes zugerechnet73 bzw. als eine von mehreren Ausprägungen der Globalgeschichte betrachtet.74
    Zu nennen ist weiterhin
  3. die Geschichte der Globalisierung, also der zunehmenden Vernetzung der Welt durch Kapital- und Warenströme, Migration, Kommunikation und globale Arbeitsteilung. Historikerinnen und Historiker, die mit diesem Begriff arbeiten, gehen – wie Jürgen Osterhammel und Niels P. Petersson treffend bemerkt haben – von der „Gegenwartsdiagnose“ einer massiven Zunahme und Beschleunigung weltweiter Verflechtungen im späten 20. Jahrhundert aus und versuchen diesen Prozess in seiner historischen Genese zu erklären.75 Dabei bestehen sowohl hinsichtlich der Frage, wie weit dieser Prozess in die Vergangenheit zurückreicht, als auch im Hinblick auf die ökonomische, politische und kulturelle Reichweite des Globalisierungsbegriffs allerdings erhebliche Differenzen.76 Wie die Geschichte des Weltsystems ist die Geschichte der Globalisierung ein wichtiger Teil der Globalgeschichte, aber gleichfalls nur eine Zugangsweise unter mehreren.77

Was den Kern der Globalgeschichte ausmacht, ist von verschiedenen Historikerinnern und Historikern auf ähnliche Weise beschrieben worden. Es geht um „die Erforschung überregionaler bis hin zu transkontinentalen Interaktionen und Beziehungen“ (Andrea Komlosy).78 Damit ist es „vor allem eine neue Perspektive, eine besondere Form des Hinsehens und Fragens, die die Globalgeschichte kennzeichnet“ (Gunilla Budde).79 „Im Mittelpunkt stehen grenzüberschreitende Prozesse, Austauschbeziehungen, aber auch Vergleiche im Rahmen globaler Zusammenhänge. Die Verflechtung der Welt ist dabei stets der Ausgangspunkt, und die Zirkulation von und der Austausch zwischen Dingen, Menschen, Ideen und Institutionen gehören zu den wichtigsten Gegen-ständen dieses Zugriffs“ (Sebastian Conrad).80

Neben dem Interesse an großräumigen Verflechtungen stellen der historische Vergleich und die Erforschung von Transferprozessen wichtige Methoden der Globalgeschichte dar.81 Der Fokus auf Beziehungen und Transfers verbindet sich für manche Globalhistoriker/innen zudem mit einem besonderen Interesse an historischen Akteuren:

„Im Kern sollte es der Globalgeschichte darum gehen, wie durch das Handeln von Menschen globale Verbindungen entstehen und wie diese wiederum auf das Denken, Fühlen und Handeln zurückwirken. […] Das Erkenntnisinteresse und damit der analytische Fokus der Globalgeschichte sollte […] sich auf die Schnittstelle zwischen menschlichem Handeln und globalen Verbindungen konzentrieren“ (Roland Wenzlhuemer).82

Damit wird zugleich deutlich, dass es der Globalgeschichte zwar um weltweite Zusammenhänge und Verflechtungen gehen kann – was in den großen Synthesen von Christopher Bayly, John Darwin, Jürgen Osterhammel und Wolfgang Reinhard auch der Fall ist83 –, dass sie ihren Fokus aber auch wesentlich enger fassen kann. So kann etwa die Ge-schichte einer einzelnen Stadt oder Region,84 die Biographie eines Individuums oder einer Familie,85 ein bestimmtes Ereignis,86 ja sogar ein Objekt wie eine seltene Chinakarte in der Bibliothek der Universität Oxford87 Gegenstand der Untersuchung globaler Verflechtungen und Zusammenhänge sein. Somit ergibt auch das scheinbare Paradoxon einer „globalen Mikrogeschichte“ nicht nur Sinn, sondern hat sogar besonderes Potenzial, neue und überraschende Perspektiven auf transregionale und globale Zusammenhänge zu eröffnen.88 Letztlich kann sich die Reichweite globalgeschichtlicher Ansätze also von kleinräumigen bis zu tatsächlich globalen Gegenständen und Fragestellungen erstrecken. „Die spannendsten Fragen,“ meint zumindest Sebastian Conrad, „stellen sich häufig am Schnittpunkt globaler Prozesse und ihrer loka-len Manifestationen.“89

Eine weitere Gemeinsamkeit globalgeschichtlicher Ansätze besteht darin, dass sie sich kritisch mit eurozentrischen Sichtweisen auseinandersetzen. Das heißt freilich nicht, dass ‚Europa‘ keinen relevanten Bezugspunkt mehr bilden würde: Vielmehr sind sich die meisten europäischen Globalhistorikerinnen und -historiker wohl bewusst, dass sie aufgrund ihrer akademischen Sozialisation, ihrer Sprachkenntnisse und der Quellensituation gar nicht anders können, als von Europa aus auf globale Interaktionen zu blicken. Entscheidend ist vielmehr, diese europäische Perspektive zu reflektieren, sie durch den Erwerb entsprechender Sprach- und Quellenkenntnisse zu erweitern sowie den Austausch mit Fachvertreterinnen und Fachvertretern in anderen Weltregionen zu suchen.90 Ebenso wenig wird kaum ein Globalhistoriker ernsthaft behaupten, dass allein transfer- oder verflechtungsgeschichtliche Perspektiven auf die Geschichte ‚richtig‘ oder legitim seien; selbstverständlich gibt es weiterhin Themen, die sich sinnvoll aus lokalen, regionalen oder nationalen Blickwinkeln erforschen lassen.

6. ‚Europäische Überseegeschichte‘ und ‚Globalgeschichte‘: Was macht den Unterschied?

Wie erwähnt, wurde die Forderung nach der Erforschung von Verflechtungen, Interdependenzen und Wechselwirkungen unter dem Signum der ‚Überseegeschichte‘ bereits in den 1930er und 1940er Jahren von Egmont Zechlin erhoben. Und Eberhard Schmitt schrieb 2001: „Europäische Überseegeschichte in unserem Sinne meint die Geschichte des Kontakts mit allen außereuropäischen Kulturen, mit denen Europa je in Berührung kam.“ Dies beinhalte „jede Form der Interaktion mit Übersee, natürlich auch jene, bei der sich durch außereuropäische Anstöße eine direkte oder indirekte Beeinflussung von Europa ergab.“91 Daraus könnte man folgern, dass Übersee- und Globalhistoriker/innen letztlich dieselbe Perspektive teilen. Dass die ‚Überseegeschichte‘ Europa explizit als Referenzpunkt nimmt, bedeutet in der Praxis eher einen graduellen als einen prinzipiellen Unterschied, denn schließlich gehen auch viele Forscherinnen und Forscher, die sich selbst in der Globalgeschichte verorten, von europäischen Perspektiven, Themen und Quellen aus. Was also macht den Unterschied?

Ein gutes Beispiel dafür bietet Roland Wenzlhuemers Rekonstruktion der Meuterei auf der Bounty im Jahre 1789. Die Episode ist natürlich nicht nur allen Historikerinnen und Historikern, sondern auch ei-nem größeren Publikum bekannt: Die Dreimasterbark Bounty brach 1787 mit 45 Mann Besatzung unter dem Kommando von Leutnant William Bligh in die Südsee auf, um auf Tahiti Brotfruchtsetzlinge an Bord zu nehmen, die anschließend in die Karibik gebracht werden sollten. Das Unternehmen scheiterte, als wenige Wochen nach der Abfahrt von Tahiti ein Großteil der Mannschaft unter dem Master’s Mate Fletcher Christian meuterte, Bligh und 18 loyale Besatzungsmitglieder in einem Beiboot aussetzte und nach Tahiti zurücksegelte. Einige Meuterer siedelten sich schließlich auf der entlegenen Insel Pitcairn an. Bligh gelang es indessen in einer seemännischen Meisterleistung, das Beiboot über Tausende von Seemeilen nach Timor zu steuern und nach England zurückzukehren, wo er seine Rehabilitierung und die strafrechtliche Verfolgung der Meuterer betrieb. Diesem Narrativ hat Wenzlhuemer an sich wenig hinzuzufügen: Ihm geht es vielmehr darum, die Rol-le von Akteuren in der Globalgeschichte aufzuzeigen, in deren Denken und Handeln sich disparate Weltregionen miteinander verknüpften. Besonders eindrücklich wird dies am Beispiel von Joseph Banks, der an James Cooks erster Südseeexpedition teilgenommen hatte und in der Folgezeit als Präsident der Royal Society und (inoffizieller) Direktor der Königlichen Botanischen Gärten in Kew eine Reihe von Entdeckungsfahrten, Expeditionen und botanischen Experimenten koordinierte.

Von Banks stammte die Idee, Brotfruchtsetzlinge auf den britischen Karibikinseln anzupflanzen und damit eine Versorgungskrise zu beheben, die dort aufgrund der Unterbrechung nordamerikanischer Getreidelieferungen infolge der Unabhängigkeit der USA eingetreten war. In Banks’ Denken und Initiativen verknüpften sich somit die natürlichen Ressourcen der Südsee, die Folgen der Amerikanischen Revolution und die Probleme der karibischen Sklavenökonomie. Als globaler Akteur lässt sich darüber hinaus William Bligh begreifen, der in der Royal Navy Karriere gemacht und an Cooks dritter Expedition teilgenommen hatte. Globale Akteure waren schließlich auch die Meuterer, deren familiäre Verbindungen in England dafür sorgten, dass Blighs Versuch, sich ein Deutungsmonopol über die Ereignisse auf der Bounty zu sichern, letztlich nicht erfolgreich war.92

Die Geschichte des atlantischen Sklavenhandels lässt sich ebenfalls prinzipiell als Teil der ‚europäischen Überseegeschichte‘ fassen. Die internationale Forschung ist hier in den letzten Jahrzehnten jedoch in mehrfacher Hinsicht über eine Perspektive, welche lediglich die Interaktionen zwischen ‚Europa‘ und ‚Übersee‘ fokussiert, hinausgegangen. Erstens hat sie den atlantischen vergleichend mit dem innerafrikanischen und dem ostafrikanisch-indisch-ozeanischen Sklavenhandel untersucht und damit die Pluralität des Phänomens im globalen Maßstab herausgearbeitet.93 Zweitens zeigen neuere Studien zum Südatlantik – einem Raum, auf den fast die Hälfte des gesamten transatlantischen Sklavenhandels entfiel –, dass das klassische Muster des ‚Dreieckshandels‘ zwischen europäischen Häfen, westafrikanischen Stützpunkten und amerikanischen Kolonien hier kaum eine Rolle spielte. Vielmehr basierte der Handel hier in erster Linie auf bilateralen Beziehungen zwischen den portugiesischen Forts und Handelsposten in Westafrika und Brasilien und wurde weitgehend von brasilianischen Sklavenhändlern sowie ihren luso-afrikanischen Geschäftspartnern und Agenten kontrolliert. Als ‚europäische Überseegeschichte‘ lässt sich dieser luso-afrikanisch-brasilianische Handel allenfalls mittelbar begreifen.94 Vor allem aber hat die Forschung die agency, die Handlungsmacht afrikanischer Akteure als Betroffene wie auch als Kollaborateure und Profi-teure des Sklavenhandels detailliert herausgearbeitet. Aus all diesen Gründen betrachten Historiker wie Michael Zeuske den Sklavenhandel heute selbstverständlich unter einer globalgeschichtlichen Perspektive.95

Noch stärker relativiert worden ist die Rolle europäischer Akteure im Asienhandel. Konnte Niels Steensgaard in den 1970er Jahren noch die Meinung vertreten, dass die europäischen Ostindienkompanien eine ‚kommerzielle Revolution‘ bewirkt, den Karawanenhandel dauerhaft verdrängt und eine dominierende Stellung im maritimen Asienhandel erlangt hätten,96 ist von diesem Narrativ in der neueren Forschung wenig übriggeblieben. Vielmehr wissen wir heute, dass die Händlerdiasporen im Indischen Ozean – Araber, Armenier, Inder, Malaien, Chinesen – auf die Herausforderung durch die Ostindienkompanien mit bemerkenswerter Anpassungsfähigkeit und Resilienz reagierten und weiterhin einen Großteil des Handelsverkehrs kontrollierten.97 Insbesondere die Geschichte der armenischen Händlerdiaspora, deren Netzwerke sich von London, Amsterdam und Archangelsk bis nach Batavia, Kanton und Manila erstreckten, zeigt eindrucksvoll, was eine Verschiebung der Perspektive bewirken kann. Im 17. und 18. Jahrhundert kontrollierten die Armenier einen Großteil des Seidenhandels zwischen Europa und Asien; ihre Beziehungen mit den europäischen Handelskompanien waren von einem Wechselspiel von Kooperation und Konkurrenz geprägt. Wurde die armenische Händlerdiaspora durch einer Geschichte der europäischen Expansion, wie Steensgaard sie schrieb, marginalisiert, erhält sie durch die moderne Globalgeschichte ihr angemessenes Gewicht zurück.98

Hier wird zugleich ein (weiteres) generelles Manko des Begriffs ‚Überseegeschichte‘ deutlich: die Tendenz, maritime Expansionsvorgänge zu priorisieren, während landbasierte bzw. kontinentale historische Prozesse schon begrifflich marginalisiert werden. Die kontinentalen Expansionen Russlands und Chinas haben mit ‚Überseegeschichte‘ nichts, die Westexpansion der USA oder die territoriale Ausdehnung der unabhängigen lateinamerikanischen Staaten allenfalls mittelbar etwas zu tun.

Wenn die Globalgeschichte neue Perspektiven auf das 16. bis 19. Jahrhundert eröffnet, so gilt dies für die Zeitgeschichte umso mehr: Kubakrise und Vietnamkrieg, Nahostkonflikt und internationale Entwicklungszusammenarbeit, globale Migrationsströme, weltweite Wirtschaftskrisen und Umweltprobleme der jüngsten Vergangenheit lassen sich in den Kategorien einer ‚europäischen Überseegeschichte‘ nicht sinnvoll begreifen und beschreiben. Als Elemente einer globalen Zeitgeschichte hingegen werden sie analysierbar und diachron vergleichbar.99

7. Fazit und Positionsbestimmung

Im Ergebnis dieser Betrachtungen zeigt sich, dass ‚Überseegeschichte‘ in der Geschichtswissenschaft des 21. Jahrhunderts de facto keine Rolle mehr spielt. Sie ist institutionell außerhalb der „Gesellschaft für Überseegeschichte“ nicht verankert und in den letzten zwanzig Jahren auch nicht durch Theorie- oder Methodendiskussionen aufgefallen. International sind Konzepte wie ‚Overseas History‘ längst überholt und werden von der weltweiten Community der Globalhistoriker/innen nicht mehr ernsthaft diskutiert. Die hochproblematische Geschichte der Etablierung des Fachs an deutschen Universitäten in den 1920er und 30er Jahren sowie die politisch-ideologischen Verstrickungen von Fachvertretern wie Gustav Adolf Rein und Egmont Zechlin dürften ein Grund – wenngleich nicht der einzige – sein, warum gerade jüngere Historikerinnen und Historiker den Begriff heute als anachronistisch, wenn nicht sogar als befremdlich empfinden. Dass diese Erbschaft weder bei der Gründung des „Fördervereins der Forschungsstiftung für vergleichende europäische Überseegeschichte“ im Jahre 1989 diskutiert noch in den folgenden drei Jahrzehnten aufgearbeitet wurde, stellt ein schwerwiegendes Versäumnis dar.100

Die Globalgeschichte hingegen hat seit den 1990er Jahren zunächst im englischen Sprachraum, nach der Jahrtausendwende dann auch in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft rasant Karriere gemacht und ist heute über eine Vielzahl von Professuren, Arbeitsbereichen, Zentren und Studiengängen fest institutionalisiert. Debatten um Theorien, Forschungsansätze, Konzepte und Methoden, wie sie für die Weiterentwicklung eines Forschungsfeldes essentiell sind, werden heute weitestgehend unter dem Signum der Globalgeschichte geführt. Dabei versteht sich Globalgeschichte vor allem als Perspektive auf Verflechtungen, Interdependenzen, Transfers und Wechselwirkungen. Sie ist damit mit einem Grundanliegen, das auch die ‚Überseegeschichte‘ verfolgte, in hohem Maße kompatibel. Zugleich hat sie in den letzten Jahren Themen, Zusammenhänge und Sichtweisen erschlossen, die in der ‚Überseegeschichte‘ nur eine untergeordnete Rolle spielten, und ist daher als Oberbegriff für eine Geschichtswissenschaft, die sich weltregionalen, interkontinentalen und globalen Perspektiven widmet, wesentlich besser geeignet.

Aus den genannten Gründen täte eine „Gesellschaft für Überseegeschichte“, die sich als zukunftsfähige wissenschaftliche Gesellschaft verstehen und mehr sein möchte als ein kolonialgeschichtlicher Traditionsverein,101 sehr gut daran, sich der Globalgeschichte zu öffnen und dies auch in ihrem Namen klar zum Ausdruck zu bringen. Ein starres Festhalten am Begriff ‚Überseegeschichte‘ hingegen wäre ein fatales Zeichen der Selbstisolation gegenüber einem weltweiten wissenschaftlichen Trend. Mehr noch: Es wäre Ausdruck einer bornierten Selbstzufriedenheit, für die angesichts der problematischen Ursprünge und des dramatischen Relevanzverlusts des Begriffs nicht der geringste Anlass besteht.

Zusammenfassung

Der Beitrag greift die vom Verstand der „Gesellschaft für Überseegeschichte“ angestoßene Diskussion um eine Öffnung der Gesellschaft gegenüber dem Konzept der Globalgeschichte auf und setzt sich mit Kritik an diesem Vorschlag auseinander. Er argumentiert, dass ‚Überseegeschichte‘ weder in der deutschsprachigen noch in der internationalen Geschichtswissenschaft des 21. Jahrhunderts ein relevantes Konzept darstellt. Vielmehr finden die maßgeblichen Debatten um transnationale und interkontinentale Verflechtungen und Interdependenzen in der Geschichte längst unter dem Signum der Globalgeschichte statt. Auch die weltweite Institutionalisierung der Globalgeschichte in Form von Professuren, wissenschaftlichen Zentren und Studiengängen zeigt, dass es sich hier keineswegs um einen vorübergehenden Trend handelt. Der Beitrag versucht ferner, einige gängige Missverständnisse im Zusammenhang mit dem Begriff Globalgeschichte auszuräumen, und weist auf die problematischen Ursprünge des Begriffs ‚Überseegeschichte‘ hin, der in den 1930er und 1940er Jahren personell und ideologisch eng mit dem Nationalsozialismus verbunden war.

Summary

The article takes up a discussion initiated by the board of the “German Society for Overseas History” (Gesellschaft für Überseegeschichte) about opening the society for the concept of global history, and addresses criticism voiced against this proposal. It argues that ‘Overseas History’ has ceased to be a relevant concept in historical practice, both in Germany and internationally. Instead, the important debates about trans-national and inter-continental connections, entanglements, and interdependencies nowadays take place under the heading of global history. The institutionalization of global history in academic chairs, scholarly centers, and study courses across the globe demonstrates that this trend is anything but a passing fad. Moreover, the essay tries to resolve some common misunderstandings regarding the meaning of global history, and it points out the problematic origins of German ‘Überseegeschichte’, which was closely associated with National Socialism during the 1930s and 1940s in terms of personnel and ideology.


  1. Für die kritische Durchsicht des Manuskripts und hilfreiche Kommentare danke ich Heinrich Lang, Hermann Mückler, Wolfgang Reinhard, Margrit Schulte Beerbühl und Hermann Wellenreuther.
  2. Steffen DÖRRE, ‚Übersee‘ und die Wirtschaft der frühen Bundesrepublik. Begriff, Konzept, Praxis, in: Jahrbuch für Europäische Überseegeschichte 18, 2018, S. 185–210, hier S. 185.
  3. Dabei fasste er Erkenntnisse seiner Kieler Dissertation zusammen: vgl. Steffen DÖRRE, Wirtschaftswunder global. Die Geschichte der Überseemärkte in der frühen Bundesrepublik, Stuttgart 2019.
  4. DÖRRE, ‚Übersee‘, S. 190.
  5. Ebd., S. 200.
  6. Ebd., S. 202.
  7. Ebd., S. 205.
  8. Ebd., S. 207.
  9. Vgl. die Ankündigungen auf der Online-Plattform H-Soz-u-Kult: https://www.hsozkult.de/event/id/termine-29276; https://www.hsozkult.de/event/id/termine-37914 (15.11.2019).
  10. Hier ist insbesondere § 33 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblich, der für Satzungsänderungen, einschließlich des Vereinsnamens, grundsätzlich eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen vorschreibt.
  11. DÖRRE, Wirtschaftswunder global.
  12. Thomas BECK, Ist der Faden gerissen? Die ‚europäische Geschichte‘ im Konflikt mit ‚neuer Ethnizität‘ und ‚Globalisierung‘, in: Ders. / Horst GRÜNDER / Horst PIETSCH-MANN / Roderick PTAK (Hrsg.), Überseegeschichte. Beiträge der jüngeren Forschung. Festschrift anläßlich der Gründung der Forschungsstiftung für vergleichende europäische Überseegeschichte 1999 in Bamberg, Stuttgart 1999, S. 1–17, hier S. 16: „Es ist gänzlich unstrittig, daß die Vernetzung der Welt wie wir sie heute kennen, mit der europäischen Expansion im 15. und 16. Jahrhundert einsetzte. Die materiellen und geistigen Voraussetzungen wurden im Mittelalter geschaffen. Dieser Prozeß war von Anfang an ein gesamteuropäischer, an dem alle europäischen Mächte direkt oder indirekt teilhatten […]. Und es ist ein Prozeß, der mit der Entwicklung der Weltseefahrt, der allmählichen Beherrschung der hohen See mit im-mer zuverlässigeren Verbindungen, den ersten Ansatz zu einer dauerhaften Vernetzung der Welt geschaffen hat.“
  13. Vgl. stellvertretend zur Konjunktur der atlantischen Geschichte: David ARMITAGE / Michael J. BRADDICK (Hrsg.), The British Atlantic World 1500–1800, Basingstoke u.a. 2002; Bernard BAILYN, Atlantic History: Concept and Contours, Cambridge, Mass. / London 2005; Alison GAMES, Atlantic History: Definitions, Challenges, and Opportunities, in: American Historical Review 111/3, 2006, S. 741–757; Jack P. GREENE / Philip D. MORGAN (Hrsg.), Atlantic History: A Critical Appraisal, New York / Oxford 2008; Wim KLOOSTER, Atlantische Geschichte und der Begriff der Frühen Neuzeit, in: Helmut NEUHAUS (Hrsg.), Die Frühe Neuzeit als Epoche, München 2009, S. 469–478; Thomas BENJAMIN, The Atlantic World: Europeans, Africans, Indians and their Shared History, 1400–1900, Cambridge u.a. 2009; Nicholas CANNY / Philip MORGAN (Hrsg.), The Oxford Handbook of the Atlantic World, 1450–1850, New York / Oxford 2011; John K. THORNTON, A Cultural History of the Atlantic World, 1250–1820, New York u.a. 2012; Anna SURANYI, The Atlantic Connection: A History of the Atlantic World, 1450–1900, London / New York 2015; Mark HÄBERLEIN, Atlantische Geschichte in der Frühen Neuzeit: Versuch einer Zwischenbilanz, in: Zeitschrift für Historische Forschung 44/2, 2017, S. 275–299.
  14. Horst PIETSCHMANN, Geschichte der europäischen Expansion – Geschichte des atlantischen Raumes – Globalgeschichte, in:BECK u.a. (Hrsg.), Überseegeschichte, S. 21–39, hier bes. S. 30f.
  15. So lässt sich zumindest die folgende Aussage Pietschmanns interpretieren: Ihm zufolge „bietet die Beschränkung auf einen […] Bezugsrahmen wie den atlantischen Raum aufgrund der […] außergewöhnlich hohen Dichte empirischer Forschung die Möglichkeit[,] gewissermaßen eine Brücke in Richtung auf die globalen Räume zu schlagen, die wissenschaftlich noch nicht vergleichbar intensiv erforscht sind.“ Ebd., S. 28. Am Ende seines Beitrags heißt es ferner, mit einer intensiven Erforschung der atlantischen Geschichte „wäre nicht nur ein erster solider Brückenschlag zu einer diffusen ‚außereuropäischen Geschichte‘ erreicht, von dem aus weitere historische Brückenschläge dieser Art zu anderen Räumen und schließlich zu einer wirklich globalen Historiographie führen können.“ Ebd., S. 39.
  16. In einer Email vom 29.5.2019 an den Verfasser dieses Beitrags sprach sich Pietschmann „aus wissenschaftlichen Gründen“ dagegen aus, den Begriff Überseegeschichte durch den der Globalgeschichte zu ersetzen, und begründete dies damit, dass Letzterer „im Deutschen […] unsinnig sei“, während es sich bei ‚Überseegeschichte‘ „um einen geographisch wertneutralen Begriff“ handeln würde.
  17. PIETSCHMANN, Geschichte der europäischen Expansion, S. 22.
  18. Vgl. exemplarisch Margarethe GRANDNER / Dietmar ROTHERMUND / Wolfgang SCHWENTKER (Hrsg.), Globalisierung und Globalgeschichte, Wien 2005; Sebastian CONRAD / Andreas ECKERT /Ulrike FREITAG (Hrsg.), Globalgeschichte. Theorien, Ansätze, Themen, Frankfurt/Main / New York 2007; Birgit SCHÄBLER (Hrsg.), Area Studies und die Welt. Weltregionen und neue Globalgeschichte, Wien 2007; Jürgen OSTERHAMMEL, Globalgeschichte, in: Hans-Jürgen GOERTZ (Hrsg.), Geschichte – ein Grundkurs, Reinbek ³2007, S. 592–610; Gunilla BUDDE, Warum Globalgeschichte? Chancen und Grenzen einer ‚Modewelle‘ in der Geschichtswissenschaft, in: Kirchliche Zeitgeschichte 22, 2009, S. 170–186; Reinhard SIEDER / Ernst LANGTHALER (Hrsg.), Globalgeschichte 1800–2010, Wien u.a. 2010; Andrea KOMLOSY, Globalgeschichte. Methoden und Theorien, Wien u.a. 2011; Sebastian CONRAD, Globalgeschichte. Eine Einführung, München 2013. – Eine Bibliographie einschlägiger englischsprachiger Publikationen würde viele Seiten füllen; vgl. nur Pamela Kyle CROSSLEY, What is Global History?, Cambridge 2008; James BELICH u.a. (Hrsg.), The Prospect of Global History, Oxford / New York 2016; Sven BECKERT / Dominic SACHSENMAIER (Hrsg.), Global History, Globally: Research and Practice around the World, London u.a. 2018.
  19. Einen konzisen und ausgewogenen Überblick über kritische Stimmen gibt CONRAD, Globalgeschichte, S. 87–111. Vgl. auch Wolfgang SCHWENTKER, Globalisierung und Geschichtswissenschaft. Themen, Methoden und Kritik der Globalgeschichte, in: GRANDNER u.a. (Hrsg.), Globalisierung und Globalgeschichte, S. 36–59, bes. S. 54–58.
  20. Vgl. Andreas ECKERT, Von der Kolonial- und Überseegeschichte zur modernen außereuropäischen Geschichte, in: Rainer NICOLAYSEN / Axel SCHILDT (Hrsg.), 100 Jahre Geschichtswissenschaft in Hamburg, Berlin / Hamburg 2011, S. 83–102.
  21. https://www.geschichte.uni-hamburg.de/arbeitsbereiche/globalgeschichte.html (4.11.2019).
  22. https://www.globalhist.geschichte.uni-muenchen.de/index.html (4.11.2019).
  23. https://www.uni-salzburg.at/index.php?id=212798 (4.11.2019).
  24. https://www.uni-erfurt.de/geschichte/globalgeschichte/ (4.11.2019).
  25. https://www.uni-kassel.de/fb05/fachgruppen/geschichte/geschichte-von-globali-sierungsprozessen.html (4.11.2019).
  26. https://histinst.uni-koeln.de/2127.html (4.11.2019).
  27. https://www.unilu.ch/fakultaeten/ksf/institute/historisches-seminar/mitarbeiten-de/daniel-speich/ (18.11.2019).
  28. https://www.uni-potsdam.de/hi-globalgeschichte/index.html (4.11.2019).
  29. https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/philosophische-fakultaet/fachbereiche/geschichtswissenschaft/seminareinstitute/mittelalterliche-geschichte/personen/brauner/ (4.11.2019).
  30. https://studienservice-lehrwesen.univie.ac.at/studieren/masterstudien/globalge-schichte-und-global-studies-master/ (4.11.2019). Vgl. auch Susan ZIMMERMANN, Transparent Global History? The Contribution of Vienna Global Studies, in: Historical Reflections / Réflexions Historiques 38/2, 2012, S. 123–138.
  31. CONRAD, Globalgeschichte, S. 63.
  32. Vgl. mit weiteren Literaturhinweisen: Diskussionsforum: „Außereuropäische Geschichte“, „Globalgeschichte“, „Geschichte der Weltregionen“? Neue Herausforderungen und Perspektiven, in: H-Soz-Kult, 7.11.2017, http://www.hsozkult.de/text/id/texte-4325 (4.11.2019); Geschichte(n) der Zukunft – Außereuropäische Herausforderungen, 9.10.2015 Bayreuth, in: H-Soz-Kult, 24.9.2015, http://www.hsozkult.de/event/id/termine-28931 (4.11.2019); Sebastian JOBS, Tagungsbericht: Geschichte(n) über Räume und Zeiten. Translokale Perspektiven auf globale RaumZeiten, 26.–27.4.2018 Gotha, in: H-Soz-Kult, 4.9.2018, http://www.hsozkult.de/confe-rencereport/id/tagungsberichte-7846 (15.10.2019); Benjamin STEINER, Tagungsbericht: HT 2018: Geschichte translokal: Spaltungen in der Raumzeit überdenken, 25.–28.09.2018 Münster, in: H-Soz-Kult, 20.10.2018, http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-7900 (4.11.2019).
  33. Sebastian DORSCH u.a., Ein Zwischenstand zur Debatte „Außereuropäische Geschichte“, „Globalgeschichte“, „Geschichte der Weltregionen“?: Der neu benannte Arbeitskreis für Weltregionale und Globale Geschichte (AKWGG) im VHD stellt sich zur Diskussion vor, H-Soz-u-Kult, 24.10.2019, https://www.hsozkult.de/de-bate/id/diskussionen-4865 (4.11.2019): „Die Kenntnisse von sowie die Sensibilität gegenüber den außereuropäischen Area Histories sind in der Öffentlichkeit, in Forschung und Lehre deutlich gewachsen, die Fachdebatten erfahren durch ihre Positionen eine große Bereicherung. Die jeweiligen Regionalexpertisen, Sprachkenntnisse und das gemeinsame Forschen mit Kolleg/innen in den Regionen wurden sichtlich gestärkt.“
  34. Ebd.: „Grundlegende Gemeinsamkeiten von weltregionaler und globaler Ge-schichtsschreibung bestehen bei der Infragestellung der Fokussierung auf Nationalgeschichtsschreibung und von Europa als universellem Bezugspunkt. Es gibt aber auch viele Unterschiede, sie hängen nicht zuletzt mit den Geschichten der weltregionalen und der Globalgeschichtsschreibung zusammen: Bei der Etablierung der Area Studies im 19. und 20. Jahrhundert in Europa und in den USA ging es primär um die Erarbeitung und Bereitstellung von spezifischem Wissen über Regionen insbesondere des Globalen Südens. Das damit einhergehende Othering provozierte kritisch-reflexive Auseinandersetzungen, die bis heute prägend sind für die (historischen) Area Studies. Im Unterschied dazu setzte sich die Globalgeschichtsschreibung insbesondere mit vermehrt als globalisiert wahrgenommenen Zusammenhängen auseinander. Um dem damit gestiegenen Risiko von neuen (Euro-)Zentrismen und Universalisierungen entgegenzuwirken, gilt es nicht zuletzt die lokale und regionale Vielfalt und Vielfältigkeit in Forschung, Lehre und Sprachvermittlung sowie beim Forschen mit Kolleg/innen in aller Welt auszubauen.“
  35. Hier wäre auch auf die von der DFG geförderten Projekte zur Globalgeschichte zu verweisen, die über das Portal Gepris abzufragen sind: https://gepris.dfg.de.
  36. Vgl. Roman HERZOG, Kann man aus der Geschichte lernen? Rede des Bundespräsidenten zur Eröffnung des 41. Deutschen Historikertages am 17. September 1996 in München, Bamberg 1996.
  37. Andreas ECKERT, Europäische Überseegeschichte – ein neues Jahrbuch, in: Jahrbuch für Geschichte Lateinamerikas 42, 2005, S. 409–415, hier: S. 412.
  38. ECKERT, Von der Kolonial- und Überseegeschichte, S. 85f.
  39. Arnd GOEDE, Adolf Rein. Von der „politischen Universität“ zur Ranke-Gesellschaft, in: NICOLAYSEN / SCHILDT (Hrsg.), 100 Jahre Geschichtswissenschaft, S. 161–180, hier: S. 164.
  40. Ebd., S. 165.
  41. Ebd., S. 166f.
  42. Ebd., S. 168f.
  43. Ebd., S. 169.
  44. Ebd., S. 169–180, Zitat S. 178.
  45. Gustav Adolf REIN, Europa und Übersee. Gesammelte Aufsätze, Göttingen u.a. 1960.
  46. Vgl. ECKERT, Von der Kolonial- und Überseegeschichte, S. 88–91.
  47. Egmont ZECHLIN, Gegenwartsprobleme der Universalgeschichte, in: Ders. (Hrsg.), Völker und Meere. Aufsätze und Vorträge, Leipzig 1944, S. 1–30; ND in: Egmont ZECHLEIN, Überseegeschichte. Aufsätze aus den Jahren 1935–1964, zum 90. Geburtstag des Verf.s neu hrsg. v. Inge BUISSON u.a., Hamburg 1986, S. 85–114.
  48. Darauf weist auch Eckert anhand einer Denkschrift Zechlins aus den späten 1930er Jahren hin: ECKERT, Von der Kolonial- und Überseegeschichte, S. 91.
  49. Vgl. ZECHLIN, Gegenwartsprobleme, S. 10 (94): „Vor allem aber bewegt sich der Kampf um Dasein und Zukunft unseres Volkes in diesen großen Zusammenhängen und erfordert eine ihren Ausmaßen entsprechende Konzeption. Es würde zu den Todsünden einer die Wirklichkeit der tatsächlichen Gegebenheiten berücksichtigenden politischen Erziehung gehören, den Blick vor diesen planetarischen Zusammenhängen und Bindungen des Gegenwartsgeschehens zu verschließen. Im vollen Bewußtsein unseres nationalen und europäischen Standortes, an den wir durch Erbgut, Geburt, Geschichte und Erziehung gebunden sind, haben wir ein den Erdball umfassendes historisches Weltbild und eine wirkliche Weltgeschichte zu erarbeiten.“
  50. Ebd., S. 12 (96).
  51. Ebd., S. 18 (102).
  52. 1934 war der „Reichsbund Deutscher Seegeltung e.V.“ gegründet worden, der sich als Interessenverband für den Ausbau der deutschen Flottenpräsenz auf den Weltmeeren einsetzte. Vgl. Sebastian Diziol, „Deutsche, werdet Mitglieder des Vaterlandes!“ Der Deutsche Flottenverein 1898–1934, Kiel 2015, S. 716–725; Walter SCHWENGLER, Marine und Öffentlichkeit 1919 bis 1939, in: Werner RAHN (Hrsg.), Deutsche Marinen im Wandel. Vom Symbol nationaler Einheit zum Instrument internationaler Sicherheit. München 2005, S. 331–362, bes. S. 353–355.
  53. ZECHLIN, Gegenwartsprobleme der Universalgeschichte, S. 30 (114).
  54. H.L. WESSELING / P.C. EMMER, What is Overseas History? Some Reflections on a Colloquium and a Problem, in: Dies. (Hrsg.), Reappraisals in Overseas History, Leiden 1979, S. 3–17, hier: S. 3f.
  55. Ebd., S. 4f.
  56. Raymond F. BETTS (Hrsg.), Colonial Cities: Essays on Urbanism in a Colonial Con-text, Dordrecht u.a. 1985.
  57. Leonard BLUSSÉ u.a. (Hrsg.), Companies and Trade: Essays on Overseas Trading Companies during the Ancien Régime, Leiden 1981.
  58. P.C. EMMER (Hrsg.), Colonialism and Migration: Indentured Labour Before and Af-ter Slavery, Dordrecht u.a. 1986.
  59. Jaap A. DE MOOR (Hrsg.), Imperialism and War: Essays on Colonial Wars in Asia and Africa, Leiden 1989.
  60. Henk WESSELING, Overseas History, in: Peter BURKE (Hrsg.), New Perspectives on Historical Writing, Oxford 1991, S. 71–96, hier: S. 68f.: „[T]he very idea of a ‘Third World’ is now disintegrating, as it no longer reflects reality. In retrospect it even seems strange that countries like India and Indonesia were supposed to form one world with Sudan and Mali for the sole reason that they were all former colonies and are still relatively poor. To equate overseas history with Third World history therefore does not seem to be a good idea, all the more so as the history of the US clearly belongs to overseas and indeed to colonial history but not to Third World history.“
  61. Ebd., S. 72.
  62. Ebd., S. 78: „The central development of modern history is the increasing interconnection and interweaving of various formerly isolated civilizations and economies.“
  63. Ebd., S. 88.
  64. Ein aktuelles Forschungsprogramm trägt dort den Titel „Colonial and Global History 1200–present“: https://www.universiteitleiden.nl/en/research/research-pro-jects/humanities/colonial-and-global-history (15.11.2019). Zwischen 2000 und 2005 publizierte die Leidener „CWS Research School“ nochmals sieben Bände einer Reihe mit dem Titel Studies in Overseas History, deren Resonanz in der Fachwelt allerdings deutlich geringer war als die der früheren Publikationen.
  65. Christopher BAYLY, History and World History, in: Ulinka RUBLACK (Hrsg.), A Concise Companion to History, Oxford 2011. Dt. Ausg.: Christopher Bayly, Geschichte und Weltgeschichte, in: Ulinka RUBLACK (Hrsg.), Die Neue Geschichte. Eine Einführung in 16 Kapiteln, Frankfurt/Main 2013, S. 33–60. Zu Baylys Bedeutung für die moderne Globalgeschichtsschreibung vgl. CONRAD, Globalgeschichte, S. 253–256.
  66. Daniel RIVET, De l’histoire coloniale à l’histoire des Ètats indépendants, in: François BÉDARIDA (Hrsg.), L’histoire et le métier d’historien en France 1945–1995, Paris 1995, S. 369–378, hier: S. 369: „Les trop rares historiens d’origine universitaire se mêlant d’histoire coloniale sont débordés numériquement par les praticiens de la colonisation convertis à l’écriture de l’histoire. Il est significatif, à ce titre, que la Revue d’historie des colonies soit contrôlée encore par des diplomates et administrateurs coloniaux en retraite, qui retarderont jusqu’à 1959 sa métamorphose en Revue française d’histoire d’outre-mer. Mais, de fait, entre historiens et techniciens de la colonisation il y a encore des passerelles, ménagées par les institutions (l’École nationale de la France d’outre-mer, Sciences-Po) et les entreprises éditoriales [...]. Et puis intervient le même horizon d’attente: les uns comme les autres ont foi dans l’avenir de l’Union française d’outre-mer à son commencement.“
  67. Vgl. exemplarisch Laurent TESTOT (Hrsg.), Histoire globale. Un autre regard sur le monde, Paris 2008; Chloé MAUREL, Manuel d’histoire globale. Comprendre le „global turn“ dans les sciences humaines, Paris 2014; Olivier PÉTRÉ-GRENOUILLEAU, Les traites négrières. Essai d’histoire globale, Paris 2014; Serge GRUZINSKI, L’histoire, pour quoi faire?, Paris 2015, hier bes. Kap. V, „À monde globalisé, histoire globale?“; Hervé INGLEBERT, Histoire universelle ou Histoire globale?, Paris 2018.
  68. Vgl. BECKERT / SACHSENMAIER (Hrsg.), Global History, Globally.
  69. Vgl. Bruce MAZLISH, Comparing Global History to World History, in: Journal of Interdisciplinary History 28/3, 1998, S. 385–395; Matthias MIDDELL, Universalge-schichte, Weltgeschichte, Globalgeschichte, Geschichte der Globalisierung – ein Streit um Worte?, in: GRANDNER u.a. (Hrsg.), Globalisierung und Globalgeschichte, S. 60–82.
  70. Vgl. MIDDELL, Universalgeschichte, S. 75f.; OSTERHAMMEL, Globalgeschichte, S. 597f.
  71. Vgl. KOMLOSY, Globalgeschichte, S. 48f.; CONRAD, Globalgeschichte, S. 29–52; Dietmar ROTHERMUND, Globalgeschichte und Geschichte der Globalisierung, in: GRAND-NER u.a. (Hrsg.), Globalisierung und Globalgeschichte, S. 13–15; SCHWENTKER, Glo-balisierung und Geschichtswissenschaft, S. 41–44.
  72. CONRAD, Globalgeschichte, S. 114.
  73. Für Matthias Middell etwa „steht die Weltsystemtheorie zwischen den universalgeschichtlichen Entwürfen einerseits und den globalgeschichtlichen andererseits. Sie teilt mit den universalhistorischen Entwürfen die Suche nach einem überzeitlichen Mechanismus, und mit den globalgeschichtlichen die Suche nach einer konkreten Datierung des Eintritts in die tatsächlich interdependente Welt.“ MIDDELL, Universalgeschichte, S. 77.
  74. Nützliche Zusammenfassungen finden sich bei Hans-Heinrich NOLTE, Das Weltsystem-Konzept – Debatte und Forschung, in: GRANDNER u.a. (Hg.), Globalisierung und Globalgeschichte, S. 115–138; KOMLOSY, Globalgeschichte, S. 188–210, und CONRAD, Globalgeschichte, S. 114–119.
  75. Jürgen OSTERHAMMEL / Niels P. PETERSSON, Geschichte der Globalisierung. Dimensionen, Prozesse, Epochen, München 42007, S. 7–10. 
  76. MAZLISH, Comparing Global History, S. 389–393. – Komlosy bezieht den Begriff Globalgeschichte eng auf die Geschichte der Globalisierung, plädiert jedoch zugleich „für einen umfassenden Begriff von Globalisierung, der weder eine Mindestmenge, eine Mindestdistanz, eine Mindesthäufigkeit, noch europäische Dominanz, das Ende der Kolonialreiche oder postkoloniale Staatlichkeit der beteiligten Akteure zur Voraussetzung von Globalisierung macht. Vielmehr gilt es, die verschiedenen Momente, Zäsuren, Geschwindigkeiten […] in ihrem überregionalen gegenseitigen Aufeinander-Einwirken zu begreifen.“ KOMLOSY, Globalgeschichte, S. 49, 53 (Zitat).
  77. Vor einer Reduktion der Globalgeschichte auf den Aspekt der Globalisierung warnt ROTHERMUND, Globalgeschichte, S. 13; vgl. auch SCHWENTKER, Globalisierung und Geschichtswissenschaft, S. 45–49.
  78. KOMLOSY, Globalgeschichte, S. 8.
  79. BUDDE, Warum Globalgeschichte?, S. 178. Weiter schreibt dieselbe Autorin, es gehe „Historikern und Historikerinnen, die Globalgeschichte schreiben, darum, nach Verflechtungen, entanglements zu forschen, europäische und außereuropäische Entwicklungen nicht unabhängig voneinander zu sehen, sondern als unauflösbar verflochten, aufeinander einwirkend und gesellschaftsweit ausstrahlend.“ Ebd., S. 181.
  80. CONRAD, Globalgeschichte, S. 9. Ähnlich auch SCHWENTKER, Globalisierung und Geschichtswissenschaft, S. 44, 59.
  81. Vgl. ROTHERMUND, Globalgeschichte, S. 18–26.
  82. Roland WENZLHUEMER, Globalgeschichte schreiben. Eine Einführung in 6 Episoden, Konstanz / München 2017, S. 20.
  83. Vgl. Christopher BAYLY, Die Geburt der modernen Welt. Eine Globalgeschichte 1780–1914, Frankfurt/Main / New York 2008; John DARWIN, Der imperiale Traum. Die Globalgeschichte großer Reiche 1400–2000, Frankfurt/Main / New York 2010; Jürgen OSTERHAMMEL, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, München 2009; Wolfgang REINHARD, Die Unterwerfung der Welt. Globalgeschichte der europäischen Expansion 1415–2015, München 2016.
  84. Vgl. Donald R. WRIGHT, The World and a Very Small Place in Africa: A History of Globalization in Niumi, the Gambia, Armonk, N.Y. ²2004; KOMLOSY, Globalge-schichte, S. 211–247.
  85. Vgl. Bernd HAUSBERGER (Hrsg.), Globale Lebensläufe. Menschen als Akteure im weltgeschichtlichen Geschehen, Wien 2006; Miles OGBORN, Global Lives: Britain and the World, 1550–1800, Cambridge 2008; Linda COLLEY, Leben und Schicksale der Elizabeth Marsh. Eine Frau zwischen den Welten des 18. Jahrhunderts, Frank-furt/Main 2008; Emma ROTHSCHILD, The Inner Life of Empires: An Eighteenth-Century History, Princeton / Oxford 2012.
  86. Vgl. Rebekka HABERMAS, Der Kolonialskandal Atakpame – eine Mikrogeschichte des Globalen, in: Historische Anthropologie 17/3, 2009, S. 295–309; Tonio ANDRA-DE, Lost Colony: The Untold Story of China’s First Great Victory over the West, Princeton / Oxford 2011.
  87. Timothy BROOK, Wie China nach Europa kam. Die unerhörte Karte des Mr. Selden, Berlin 2015.
  88. Vgl. Tonio ANDRADE, A Chinese Farmer, Two African Boys, and a Warlord: Toward a Global Microhistory, in: Journal of World History 21/4, 2010, S. 573–591; Fran-cesca TRIVELLATO, Is There a Future for Italian Microhistory in the Age of Global History?, in: California Italian Studies 2/1, 2011, URL: http://escholarship.org/uc/ item/0z94n9hq; Angelika Epple, Globale Mikrogeschichte. Auf dem Weg zu einer Geschichte der Relationen, in: Ernst LANGTHALER / Ewald HIEBL (Hrsg.), Im Kleinen das Große suchen. Mikrogeschichte in Theorie und Praxis. Hanns Haas zum 70. Geburtstag, Innsbruck 2012, S. 37–47; WENZLHUEMER, Globalgeschichte schreiben, S. 259–266.
  89. CONRAD, Globalgeschichte, S. 9f.
  90. Vgl. etwa SCHWENTKER, Globalisierung und Geschichtswissenschaft, S. 44f.; CON-RAD, Globalgeschichte, S. 137–145.
  91. Eberhard SCHMITT, Zum Geleit, in: Jahrbuch für Europäische Überseegeschichte 1, 2001, S. 9–14, hier: S. 10.
  92. WENZLHUEMER, Globalgeschichte schreiben, S. 145–186.
  93. Patrick MAENNING, Slavery and African Life: Occidental, Oriental, and African Slave Trades, Cambridge u.a. 1990.
  94. David RICHARDSON / Filipa RIBEIRO DA SILVA (Hrsg.), Networks and Trans-Cultural Exchange: Slave Trading in the South Atlantic, 1590–1867, Leiden / Boston 2015.
  95. Michael ZEUSKE, Atlantik, Sklaven und Sklaverei – Elemente einer neuen Globalgeschichte, in: Jahrbuch für Europäische Überseegeschichte 6, 2006, S. 9–44; ders., Handbuch Geschichte der Sklaverei. Eine Globalgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, Berlin / Boston 2013.
  96. Niels STEENSGAARD, The Asian Trade Revolution of the Seventeenth Century: East India Companies and the Decline of the Caravan Trade, Chicago 1975.
  97. Dass diese Erkenntnis auch in neuere Überblicksdarstellungen zum europäischen Asienhandel Eingang gefunden hat, zeigt Jürgen G. NAGEL, Abenteuer Fernhandel. Die Ostindienkompanien, Darmstadt 2007.
  98. Vgl. Ina BAGHDIANTZ MCCABE, The Shahʼs Silk for Europe's Silver: The Eurasian Trade of the Julfa Armenians in Safavid Iran and India (1530–1750), Atlanta 1999; Sebouh ASLANIAN, From the Indian Ocean to the Mediterranean: The Global Trade Networks of Armenian Merchants from New Julfa, Berkeley u.a. 2011; Tamara GANJALYAN, Armenian Trade Networks, in: European History Online (EGO), hrsg. v. Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2019-03-12. URL: http://www.ieg-ego.eu/ganjalyant-2016-en URN: urn:nbn:de:0159-2019031107 (16.11. 2019).
  99. Vgl. etwa Edgar WOLFRUM / Cord ARENDES, Globale Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 2007; Alexander GALLUS / Axel SCHILDT / Detlef SIEGFRIED (Hrsg.), Deutsche Zeitgeschichte – transnational, Göttingen 2015; Stephanie ZLOCH / Lars MÜLLER / Simone LÄSSIG (Hrsg.), Wissen in Bewegung. Migration und globale Verflechtungen in der Zeitgeschichte seit 1945, Berlin / Boston 2018.
  100. Der Verfasser dieses Beitrags, der seit 2011 dem Vorstand der GÜSG angehört, schließt sich hier ausdrücklich mit ein.
  101. Vgl. etwa den „Traditionsverband deutscher Schutz- und Überseetruppen“: http://www.traditionsverband.de/ (28.11.2019).